Jahresbericht 2019

Das Jahr 2019 ist Geschichte, und wir wollen allen, die unsere Berichte auf facebook und Twitter nicht ganz regelmäßig verfolgen, einen kompakten Überblick über das Geschehen des vergangenen Jahres liefern.

Arbeit in München

Beginnen wollen wir wieder in München. In vielerlei Hinsicht sind unsere zwei Fixpunkte, der Tafeldonnerstag und der Sortierfreitag, schon feste Institutionen. Nicht nur für uns, sondern auch für viele Besucher sind diese beiden Tage Heimatstern-Tage. Wir schreiben absichtlich Besucher, weil die Grenze zwischen denen, die zum Helfen kommen und denen, die Bedarf an Kleidung, Lebensmitteln oder anderen Dingen haben, oft verwischt. Wir empfinden das als sehr positiv, dass bei uns ein Miteinander gelebt wird, in dem nicht nach Herkunft oder Status geurteilt wird.

Seit Mai haben wir die Verteilung der Lebensmitteln der Tafel an wohnungslose Menschen komplett in Eigenregie übernommen. Das funktioniert so gut, dass wir wirklich nie Probleme haben, die hochwertigen Produkte loszuwerden. Im Gegenteil ist der Bedarf so groß, dass wir an anderen Wochentagen zusätzlich immer auch noch haltbare Lebensmittel ausgeben, wenn das Essen der Tafel verteilt ist.

Nach einer sehr kurzfristigen Kündigung des Lagers in der Heidemannstraße 60 zum 30.9. mußten wir innerhalb von 2 Wochen nicht nur das alte Lager räumen, sondern waren auch mit Hochdruck auf der Suche nach einem neuen Lager. Genau nachdem wir mit vielen Helfern alles leergeräumt hatten, viele Paletten noch auf die Reise geschickt und dank des Sozialkaufhaus Contact in Augsburg mehrere Sprinterladungen Material einer guten Verwendung zuführen konnten, hatten wir am 1.10. die Zusage für ein immerhin ein Jahr nutzbares Lager in unmittelbarer Nachbarschaft in der Heidemannstraße 50 in der Hand.

Der Neustart in einer größeren, deutlich komfortableren Halle bot jedoch auch neue Chancen und Herausforderungen. So können wir seitdem in einem Besucherbereich nicht nur einen angenehmen Aufenthalt für die teils bis zu 50 Menschen an einem Öffnungstag herstellen, auch die Beratung in Sachen Bürokratie die Hilfe im Umgang mit Ämtern ist nun realisierbar. Innerhalb kurzer Zeit haben wir bereits Anträge auf Kindergeld, ALGII-Hauptanträge, Personalausweise, Korrespondenz mit Staatsanwaltschaft und Gerichten und mehr bearbeitet. Gerade für Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, sind die Formulare der Behörden nur schwer zu verstehen. Aber auch Menschen mit Behinderung stehen in solchen Situationen vor schier unüberwindlichen Hürden.

Und im eigentlichen Lager können wir dank deutlich mehr Platz wesentlich effektiver arbeiten.

Da unsere neue Heimat direkt neben dem Zugang zum Kälteschutz der Stadt München liegt, durften wir ab Oktober auch neue Gäste bei uns begrüßen. Für Menschen, die sonst auf der Straße schlafen müßten, ist der Kälteschutz ein wirklich großartiges Angebot. Gerade für Familien, alte Menschen und Behinderte ist die Lage dennoch immer noch alles andere als einfach. Daher haben wir schnell reagiert und das Lager nun dreimal die Woche abends geöffnet, um den besonders schutzbedürftigen Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich in einem sicheren Raum aufzuwärmen und bei Kaffee und Snacks etwas Ruhe zu finden. In besonders schweren Fällen versuchen wir, durch Begleitung bei Ämterbesuchen die Lage zu verbessern.

Da der Bedarf speziell nach Schuhen sehr hoch ist, haben wir für die Ausgabe in München zum Jahresende 250 Paar Schuhe gekauft, die großen Anklang fanden.

Dank einiger Spinde, die für uns im neuen Lager zurückgelassen wurden, können zumindest ein paar unserer Besucher aus dem Kälteschutz einen Teil ihrer Habseligkeiten sicher verwahren und müssen dadurch nicht alles tagsüber mit sich führen.

Innerhalb von nur 3 Monaten wurde besonders deutlich, wie wichtig ein Angebot ist, das über die reine Ausgabe von Sachleistungen hinausgeht. Und die Möglichkeit, nicht nur Hilfe zu bekommen, sondern sich auch gegenseitig auszutauschen, zu vernetzen und zu unterstützen, macht unser Lager zu einem Ort der Begegnung, der für immer mehr Menschen ein geschätzter Treffpunkt  ist.

Hilfstransporte

Trotz des Umzugs gingen die Aktivitäten im Bereich unserer Hilfstransporte fast ohne Unterbrechung weiter. Insgesamt konnten wir das Volumen der Hilfe gegenüber 2018 nochmal um fast 30% auf über 200 Paletten steigern. Die erhöhte Menge und steigende Spritpreise führten auch zu höheren Transportkosten, die wir nur dank Eurer Geldspenden bewältigen können.

Der Löwenanteil ging wie immer nach Griechenland, doch auch Rumänien, Italien, Ungarn und Bosnien waren Destinationen für Hilfslieferungen.

Griechenland

In Griechenland hat sich die Situation Geflüchteter im Vergleich zu 2018 deutlich verschlechtert. Hohe Ankunftszahlen aus der Türkei einerseits und die Unfähigkeit der EU, Griechenland bei der Aufnahme der Menschen zu entlasten andererseits führten dazu, dass sich die Dramatik des Jahres 2015 in Griechenland fast wiederholt. Noch nie waren die Camps, besonders auf Lesbos, Samos und Chios, so extrem überbelegt. Mehrere Brände sorgten dafür, dass den Menschen das wenige, was sie noch besaßen, genommen wurde. Der Bedarf nach elementaren Hilfsgütern ist ungebrochen.

Mit unseren Hilfslieferungen konnten wir einen großen Beitrag leisten, die Situation der Menschen auf den Inseln, aber auch auf dem Festland zu verbessern. Neben Kleidung und Hygiene, die wir teilweise auch vor Ort einkauften, haben wir dank eines Großspenders auch viele Paletten mit Kindernahrung auf die Inseln geliefert.

Weiter haben wir einen kompletten 40-Fuß-Container mit Fahrrädern nach Lesbos geliefert, um dort ein Projekt des Low Tech Lab zu ermöglichen, bei dem Geflüchtete lernen, Fahrräder zu reparieren. Dieses Projekt war auch aufgrund besonderer Zollbestimmungen bei Seefracht anspruchsvoll, auch die Frachtkosten sind hier nicht zu unterschätzen, in Relation zur Menge der Fahrräder und dem Zusatznutzen des Containers vor Ort jedoch sinnvoll eingesetzt.

Außerdem haben wir einen großen Transport vorbereitet, mit dem hunderte Computer und Displays nach Lesbos geschickt werden, um dort IT-Labors einzurichten, die auch Erwachsenenbildung im Selbststudium ermöglichen.

Eine Großspende von Levi’s hat auch 2019 in Griechenland und hier bei uns wieder für viel Freude gesorgt. 49 Paletten Neuware durften wir im November entgegennehmen. Dank unserer Erfahrung mit der letzten Lieferung von Levi’s wissen wir, wie man die Ware so sortiert und packt, dass am Ende die Anzahl der versendeten Paletten deutlich geringer ist. Aber auch der Versand von komprimiert ca. 30 Paletten sind ein signifikanter Kostenfaktor.

Bosnien

Hilfslieferungen per Spedition nach Bosnien zu schicken, war alleine aus zolltechnischen Gründen für uns zwar nicht möglich, wir konnten jedoch wiederholt Freiwillige und andere Organisationen, die meist mit PKWs nach Bosnien fuhren, mit Sachspenden unterstützen. Der Norden Bosniens ist seit Jahren eine Region, in der Menschen hoffen, irgendwie in die EU zu kommen, und wo Kroatien alles versucht, die Menschen immer wieder zurückzudrängen. Auch hier ist eine politische Lösung dringend nötig.

Italien

Anfang 2019 haben sich die Bedingungen für Geflüchtete in Italien deutlich verschlechtert. Wir haben auch 2019 unsere Freunde von Ospiti in Arrivo in Udine wieder mit Sachspenden unterstützt. Ein Highlight dieses Jahr war der gemeinsame Stand auf dem Streetlife-Festival im Frühling, wo wir gemeinsam nicht nur die Zusammenarbeit der Vereine präsentieren, sondern auch die Lage der Geflüchteten in Italien erklären konnten. Einer unserer Satzungszwecke ist “die Förderung des Völkerverständigungsgedankens”. Was sich in Juristendeutsch hochtrabend anhört, wird mit solchen Veranstaltungen ganz unkompliziert und selbstverständlich gelebt. 

Syrien

Schon das dritte Jahr unterstützen wir unseren Partner Hkam monatlich mit Geld für Essenspakete. Unverändert ist die Lage in Idlib kritisch, es gibt immer wieder Bombenangriffe durch das Assad-Regime, um die Rebellen aus der Stadt zu vertreiben. In erster Linie leidet die Zivilbevölkerung darunter. Wir werden auch 2020 weiter einen Beitrag leisten, bedürftige Familien mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln zu versorgen.

Rumänien

Obwohl ein EU-Mitglied, ist Rumänien dennoch ein Land wie von einem anderen Kontinent. In vieler Hinsicht ist das Land mit Afrika vergleichbar. In den großen Städten kann man alles kaufen, was das Herz begehrt, vielen Menschen geht es gut und die Versorgung mit Bildung und Ärzten funktioniert. Auf dem Land jedoch herrscht oft bittere Armut. Daher haben wir auch 2019 die Ende 2017 begonnene Unterstützung für die Ärmsten fortgesetzt. Im Laufe des Jahres haben wir mehrere Projekte unterstützt, und der Bedarf nach wirklich allem ist weiter ungebrochen. 13 Paletten waren es 2019, und 2020 werden es sicher nicht weniger werden.

Uganda

In Uganda sind wir nun schon seit 2015 aktiv. Was damals als rein private Initiative begann, hat sich zwischenzeitlich verstetigt. Auch 2019 haben wir regelmäßig die Outreach-Veranstaltungen unseres Partners Hope for Life unterstützt, haben Projekte finanziert, damit junge Frauen zur Näherin ausgebildet werden, haben wiederverwendbare Binden geschickt und den Neubau einer Schule mitfinanziert. Einige Kinder haben wir durch Patenschaften, die von Spendern übernommen wurden, besonders fördern können.

Wir sind froh darüber, dass Hope For Life inzwischen auch andere internationale Unterstützer findet und wir daher unseren Anteil an der erfolgreichen Arbeit der Organisation etwas zurückfahren können.

Senegal

Das erste volle Jahr unserer Arbeit im Senegal ist nun auch abgeschlossen, und wir haben weitere Bauvorhaben umgesetzt. So gibt es nun Strom in einem der Schulgebäude, realisiert durch Solarzellen. Außerdem wurde ein Schulgarten gebaut, mit dem der Speisezettel für die Schulspeisungen mit vitamin-reichem Gemüse angereichert werden kann. Durch eine große Spende der OMID-Stiftung konnte ein weiteres Schulgebäude errichtet werden, was durch die stark wachsenden Schülerzahlen dringend nötig wurde.

Unser Patenschaftsprogramm erreicht inzwischen über 130 Patenkinder direkt, und durch die Gemeinschaftskomponente stellen wir sicher, dass wirklich alle Schüler der örtlichen Schule mit Schulmaterialien und regelmäßigen Mahlzeiten versorgt werden können.

Es ist wirklich bemerkenswert, was in Baria innerhalb von anderthalb Jahren alles passiert ist. All das war nur möglich, weil wir von unseren Spendern engagiert unterstützt wurden und weil wir mit Gabi Canavan eine ganz engagierte Partnerin haben, ohne die dieses Projekt gar nicht existieren würde.

Kooperation mit anderen Organisationen

Unser oft verwendetes Hashtag #zusammengehtwas steht in besonderem Maß für die enge Zusammenarbeit, die wir mit anderen Vereinen, aber auch kommunalen Einrichtungen pflegen.

Dass wir in den Zielländern unserer Hilfstransporte immer lokale Partner haben, die wir oftmals seit Jahren kennen und die dafür sorgen, dass Eure Sachspenden letztlich dort ankommen, wo sie benötigt werden, ist das eine.

Aber auch hier in Deutschland sind wir sehr froh, dass wir viele Partner haben, die mit uns an einem Strang ziehen. So haben wir 2019 einen großen Hilfstransport mit Mannheim sagt JA! organisiert, bei dem in Mannheim 28 Paletten Sachspenden zusammenkamen, für die wir die logistische Abwicklung des Transports übernommen haben.

Wir sind glücklich, Teil eines großen Netzwerks zu sein, in dem man sich gegenseitig unterstützt. Stellvertretend für viele andere nennen wir hier die Flüchtlingshilfe Erding und das Sozialkaufhaus Contact, den Flughafenverein und die Zeltschule, diese und weitere Organisationen sind für uns geschätzte Kollegen und Freunde.

Die Münchner Tafel ist ebenfalls ein ganz wichtiger Partner für unsere Arbeit hier in München, dank deren hochwertigen Lebensmitteln unsere Besucher besser über die Runden kommen.

Wir stehen immer wieder im Austausch mit den Fraktionen im Münchner Stadtrat, um den Blick für die Situation unserer Gäste zu schärfen.

Die Innere Mission und die Caritas zählen genauso wie beispielsweise die städtische Impfstelle zu den Kontakten, mit denen man sich bespricht und gegenseitig hilft.

Und “last but not least” danken wir der Stadt München, dass wir nun auch im vierten Jahr unseres Bestehens Lagerräume nutzen können, die uns von der Stadt zur Verfügung gestellt werden.

Mitarbeit von Freiwilligen

Als kleiner Verein mit 7 Mitgliedern, von denen derzeit nur 3 regelmäßig an den Projekten arbeiten können, sind wir besonders angewiesen auf die Unterstützung durch freiwillige Helfer. Besonders dankbar sind wir für all diejenigen, die Woche für Woche bei uns im Lager mitarbeiten, die ganz genau wissen, wo man anpacken muß, die ganz selbstverständlich feste Tätigkeitsbereiche übernehmen und so dafür sorgen, dass die Vielzahl der Aufgaben, die oft gleichzeitig erledigt werden müssen, bewältigt werden kann. Wenn wir von Freiwilligen sprechen, dann meinen wir ohne irgendeinen Unterschied zu machen sowohl Besucher, die in Wohnungslosenheimen untergebracht sind, Geflüchtete und Unterstützer, die teils sogar aus dem Umland zu uns kommen um mitzuarbeiten.

Das Vertrauen und das Engagement, das ihr in unsere gemeinsame Arbeit investiert, macht all diese Projekte erst möglich.

Neues Mitglied

Anfang des Jahres hat unser Gründungsmitglied Kai Böckenholt aus privaten und beruflichen Gründen seine Mitgliedschaft bei Heimatstern e.V. beendet. Im November haben wir dafür ein neues Mitglied begrüßen dürfen: Emily Schultz ist mit 19 Jahren zwar unser Nesthäkchen, aber dennoch in Vereinsangelegenheiten schon ein “alter Hase”, da sie vom ersten Tag an immer wieder mitgearbeitet hat, sei es beim Sortieren im Lager, bei der Betreuung von Besuchern aus dem Kälteschutz oder bei anderen Aktivitäten des Vereins.

Herzlich willkommen Emily!

Finanzierung

Bis heute finanzieren ausschließlich Privatpersonen und Firmenspender unsere Arbeit. Jede Spende, ob 1 Euro oder vierstellige Beträge, ist für uns wichtig. Dank Eurer Spenden können wir die Vielzahl der Projekte, die wir im Laufe eines Jahres angehen, nicht nur umsetzen, sondern auch schnell reagieren, wenn hier in München oder im Ausland in Notfällen Hilfe benötigt wird.

Immer wieder sind wir beeindruckt, was Initiativen von Privatpersonen für uns auf die Beine stellen. Auf facebook nutzen immer mehr Unterstützer die Möglichkeit, an ihrem Geburtstag zu Spenden für uns aufzurufen, dafür danken wir sehr herzlich. Auf Twitter passiert das ebenfalls, und gerade auf Twitter fühlen wir uns sehr geehrt, dass reichweitenstarke Twitterer zu Aktionen für uns aufrufen, darunter auch Grafiker, Maler und Autoren. Und der jetzt schon zum vierten Mal durchgeführte “Adventskalender” #hand2hand von @meggyver ist dabei ein ganz besonderes Highlight. Die Kreativität, wie Menschen für uns aktiv werden, ist wirklich bemerkenswert!

Ebenfalls bis heute kommen wir ohne öffentliche Gelder aus. Lediglich unsere Lagerräume erhalten wir dank der Stadt München kostenlos, wofür wir sehr dankbar sind.

Und auch weiterhin nehmen wir davon Abstand, Mitgliedern oder Freiwilligen für ihre Arbeit finanzielle Kompensation in jedweder Form zu zahlen. Im Gegenteil finanzieren wir privat ebenfalls Patenkinder im Senegal, haben auch Fördermitgliedschaften und tragen nach Möglichkeit gerade Kosten im administrativen Bereich selbst.

Unser Ziel war es von Anfang, dass Eure Spendengelder ungeschmälert in die Hilfe für Bedürftige fließen. Und das werden wir auch weiterhin so umsetzen.

Für den Vorstand

Petra Schultz-Lehmann

Tilman Haerdle

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